Die heutige Partie der zweiten Runde des WM-Finales 2012 endete wie die erste Runde gestern mit einem Remis.
Es kommentiert für euch der DJEM-Trainier Klaus Friedrichs.

Auch diesmal viel Spaß beim Nachspielen der Partie und beim Lesen der Kommentare und Varianten!

WM-Finale 2012, Viswanathan Anand - Boris Gelfand, Moskau.
Runde 2

1. d4
Diesmal sehen wir keine frühe Eröffnungsüberraschung von Gelfand, der fast immer 1.d4 spielt.

1... d5 2. c4 c6
Aber auch von Anand sehen wir eine seiner Standarderöffnungen.

3. Sc3 Sf6 4. e3 e6 5. Sf3 a6
Auf den ersten Blick sieht dieser Zug nicht besonders sinnvoll aus. Man kann fast den Eindruck haben Anand gibt hier einfach ein Tempo ab. Jedoch ist es genau umgekehrt: Er will ein Tempo gewinnen, indem er abwartet bis Gelfand seinen weißfeldrigen Läufer entwickelt.

6. b3
Überdeckt den Bauern auf c4 und beabsichtigt den schwarzfeldrigen Läufer nach b2 zu entwickeln.
(Am natürlichsten sieht 6. Ld3 aus. Doch nach dxc4 7. Lxc4 hätte Gelfands Läufer zwei Züge gebraucht um nach c4 zu gelangen. Nach b5 {kann Schwarz anschließend direkt 8... c5 ziehen, da dank 5... a6 der Bauer b5 gedeckt ist.)

6... Lb4
Der Läufer steht hier nicht besonders gut und nur 3 Züge später zieht Anand ihn auch zurück nach d6. Doch schon wieder ist es kein Tempoverlust, denn Gelfand kann sich nicht wie gewünscht entwickeln.

7. Ld2
Der Läufer würde lieber nach b2.
(Doch nach 7. Lb2 könnte Schwarz einen Bauern gewinnen: Da5 8. Dc2 Se4 9. Tc1 Dxa2)

7... Sbd7 8. Ld3 O-O
(Jetzt würde auf 8... dxc4 9. bxc4 folgen.)

9. O-O Ld6
Hier steht der Läufer deutlich besser. Schwarz beabsichtigt nun mit 10... e5 im Zentrum gegenzuschlagen. Es drohte zudem auch der taktische Schlag 10. Sxd5, mit Abzugsangriff auf den Läufer b4, der nach der weißen Rochade nun nicht mehr auf d2 zwischenschlagen kann.
[Z.B. 9... Te8 10. Sxd5 Sxd5
(10... Lxd2 11. Sxf6+ Sxf6 12. Dxd2)
11. cxd5 Lxd2 12. dxe6 Lb4 13. exd7 Lxd7 und Weiß hat einen Bauern gewonnen.]

10. Tc1
(Auf das direkte 10. e4 hätte Anand dxc4 11. bxc4 e5 spielen können, was den Bauern d4 beseitigt, wonach Schwarz das Feld c5 für seine Figuren erhält. In dieser Stellung würde Weiß liebend gern 12. e4-e3 spielen.)

10... e5 11. cxd5 cxd5 12. e4
Der beste Versuch für Gelfand um Vorteil zu kämpfen.
(Nach 12. dxe5 Sxe5 13. Sxe5 Lxe5 hätte Schwarz trotz Isolani dank seiner aktiven Figuren und des schlecht postierten weißen Läufers auf d2 keine Probleme.)

12... dxe4
Der richtige Bauer.
(Nach 12... exd4 13. Sxd5 Sxd5 14. exd5 ist Weiß in einer fast symmetrischen Stellung besser entwickelt.)

13. Sxe4 Sxe4 14. Lxe4 Sf6
Laut meiner Datenbank eine Neuerung.
(In zwei Vorgängerpartien folgte 14... exd4, doch nach 15. Tc4 nebst Txd4 erhält Weiß Druck auf der d-Linie.)

15. dxe5 Sxe4 16. exd6 Dxd6 17. Le3 Lf5 18. Dxd6 Sxd6
Trotz der Vereinfachung und der ungleichfarbigen Läufer hat Gelfand noch leichten Vorteil. Seine Türme stehen aktiver und zudem kann er in einigen Varianten die Schwäche des Feldes b6 ausnutzen. Außerdem steht der schwarze Springer auf d6 etwas wackelig.

19. Sd4
[Ich glaube 19. Tfd1 hätte Anand vor mehr Probleme gestellt: Tfd8 20. h3 schafft ein Luftloch für den König und ermöglicht den Vorstoß g4.
(Auf das direkte 20. Lb6 hat Schwarz die Erwiderung Tdc8 21. Txc8+ Txc8 und Weiß darf den schwarzen Springer auf Grund der Grundreihenschwäche nicht schlagen.)
Falls es Schwarz ihm jetzt z.B. mit 20... h6 nachmacht (20... Sb5 ist möglicherweise besser.),
so folgt 21. Lb6 Td7 22. g4 Le4 23. Se5 Te7 24. f4 und Schwarz muss sich schon ganz gut verrenken um seine Figuren noch beisammen zu halten.]

19... Tfe8
Anand verteidigt sich sehr genau. Er lässt den Tausch seines Läufers gegen den weißen Springer zu, obwohl Weiß danach noch einen symbolischen Vorteil hat, denn Läufer sind im Zusammenspiel mit Türmen gewöhnlich stärker als Springer.

20. Sxf5 Sxf5 21. Lc5 h5
Schafft ein Luftloch für den König und verhindert prophylaktisch g4. Endlich hat der schwarze Springer einen sicheren Hafen gefunden. Trotz seines symbolischen Vorteils kann Gelfand auf Grund der symmetrischen Bauernstellung keine Fortschritte erzielen. Es folgten noch ein paar unbedeutende Züge, bevor sich die Kontrahenten auf Remis einigten:

22. Tfd1 Tac8 23. Kf1 f6 24. Lb4 Kh7 25. Tc5
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